Stadttürme
21.09.2024: Der Rote Turm bildet zum Rhein hin die Grenze zwischen der südlichen Vorstadt und Kirchhausen und verbindet somit zwei Bauphasen der Stadtbefestigung miteinander. Am Roten Turm knickt die Stadtmauer im rechten Winkel nach Westen zur Bergseite hin ab. Rheinseitig in nördliche Richtung befindet sich in unmittelbarer Nähe der kleinere Rundturm, Turm und Haus Schönburg. In der Stadtarchitektur Oberwesels gilt der Rote Turm als Pendant zum Ochsenturm und verfolgt – auch wenn es sich hier ebenfalls um eine Eckbastion handelt – primär eine repräsentative Funktion. Dieser Rundturm soll auf die Macht und Bedeutung von Oberwesel verweisen. Zu Verteidigungszwecken wurden zu allen Seiten Schiessscharten und breite Schlitzfenster eingelassenen, die im Rahmen der Umbaumassnahmen erweitert oder völlig umgestaltet wurden. Der Rote Turm wurde 1864 für 150 Taler zusammen mit einem Teil der Stadtmauer an den aus Erlangen stammenden Hofmaler Carl Haag verkauft. Dieser baute den Roten Turm um, sodass neben Wohnräumen ein Atelier entstand, welches besichtigt werden kann. Ausserdem erhöhte Carl Haag die Turmruine um ein weiteres Geschoss. Dieses Geschoss präsentiert sich in einer achteckigen Form und weist ein vorkragendes Kehlgesims als Abschluss auf. Darauf wurde als abschliessendes Dach eine Nürnberger Haube, eine für das Rheinland eher untypische Dachform, aufgesetzt. Das Dach verfügt zudem über Dachgauben und eine Laterne. Es wird vermutet, dass für den Dachabschluss der Bergfried der Burg Nürnberg das Vorbild war. Die Stadtmauer zwischen dem Zehnerturm und dem Roten Turm wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei dem Bau der Eisbahn abgerissen. Allerdings sind Teile der Stadtmauer noch erhalten, da Carl Haag an den Turm angrenzende Teilstücke der Mauer kaufte. Von dem Wehrgang aus gelangte Carl Haag in die zweite Ebene des Turms. Einen neuen Zugang schaffte der zudem von der Liebfrauenstrasse aus. An dieser Stelle stand einst ein hoher rechteckiger Turm, der dem Bau der Liebfrauenstrasse zum Opfer fiel:
21.09.2024: In der südlichen Vorstadt wurde die rheinseitige Stadtbefestigung durch zwei Rundtürme gesichert, zum einen durch den Roten Turm und zum anderen durch den Turm Haus Schönburg. Bereits der Name des Turmes weist darauf hin, dass einst in seinem Bereich das Stadtpalais der Schönburger lag. Da der Rundturm mittig auf der Stadtmauer liegt, verläuft der Wehrgang mitten durch den Turm. Noch heute sind die rundbogigen Wehrgangspforten zu beiden Seiten zu sehen. Der Durchmesser beträgt knapp sechs Meter. Zudem ist der Turm mit einer Höhe von neun Metern auch kleiner als die anderen Türme an der rheinseitigen Stadtbefestigung. Im Obergeschoss beziehungsweise an der Verteidigungsplattform wird der Turm durch einen aus hellem Sandstein bestehenden Rundbogenfries sowie einen oberhalb dessen anschliessenden Zinnenkranz mit abgeschrägten Scharten gesäumt. Ebenfalls auffällig sind die zur Rheinseite nachträglich eingesetzten, spitzbogigen Fenster sowie der achteckige Zinnkranz der Beobachtungsplattform, der sich über dem Rundbogenfries auf Kalksandsteinkonsolen anschliesst:
21.09.2024: Wie der Name bereits vermutet lässt, befand und befindet sich noch heute in der Nähe des Turms ein Krankenhaus (Heilig-Geist-Hospital). Heute befindet sich etwas weiter nördlich an der Stadtmauer die Mutter-Rosa-Kapelle. Hierbei handelt es sich um den Chor der ehemaligen Heilig-Geist-Kirche. Bei dem Hospitalturm handelt es sich um einen Torturm, der den rheinseitigen Ausgang der Hospitalgasse bildete bzw. das breite Hospitaltor schützen sollte. Diese Tordurchfahrt bzw. die Hospitalgasse war zur damaligen Zeit besonders wichtig, da sie vom Rhein bis zur bergseitigen Stadtmauer führt und somit den kürzesten Weg bereitstellte. Bei der Befestigung der Kernstadt wurden die Türme zum grössten Teil nachträglich im Rahmen der Erhöhung der Stadtmauer um 1240 errichtet. Im Zuge dessen wurde auch der Hospitalturm auf die Stadtmauer aufgesetzt, sodass die Seitenwände des Turms keine feste Verbindung zur Stadtmauer haben. Ausserdem verfügte der Hospitalturm an der Mauerinnenseite, wo er bis zum Boden reicht, über kein tiefgründiges Fundament. Diese ungünstige Statik sowie das Gewicht, welches der Turm auf die Stadtmauer ausübte, führten dazu, dass das Fundament der Stadtmauer nachgab. Dies ist letztlich der Grund, warum sich der Turm bereits während der Bauphase zum Rhein hin neigte. Die Bauhütte erhoffte sich, dass sie den rheinseitigen Schalentürmen etwas mehr Stabilität verleihen können, wenn sie die Turmwände mit hölzernen Mauerankern aus Eichenbalken an allen vier Seitenwänden verklammern. Heute sind die Balken zwar verrottet, aber die zurückgebliebenen Löcher bezeugen diese Konstruktion. Zudem wurde der Hospitalturm vom Zinnengeschoss an zurückgebaut, sodass das Kippen des gesamten Turms vermieden werden konnte. Der zur Stadt hin offene Schalenturm erreicht über vier Geschosse eine Höhe von über 17 Metern. Offensichtlich war der Hospitalturm ursprünglich kleiner. Ein Indiz für diese Annahme ist der alte niedrigere Zinnenkranz. Der Hospitalturm ist 8 Meter breit und 4,5 Meter tief. Ein Balken über dem Hospitaltor kann dendrochronologisch auf 1391 datiert werden. In diesem sowie in den Folgejahren wurden Überlieferungen zur Folge die Tore und Pforten der gesamten Stadtmauer überarbeitet und erweitert. Im Jahre 1978 wurde mit der Restaurierung des Hospitalgassenturms begonnen:
21.09.2024: Der Steingassenturm sollte zwei Pforten sichern, die Pforte der Langgasse und die der Steingasse. Der Name lässt vermuten, dass die Steingasse eine der wenigen befestigten Gassen der Stadt war. Das war etwas so Besonderes, dass die Gasse und der Turm davon ihre Namen erhielten. Auch der Steingassenturm wurde wie der Hospitalturm erst an die Stadtmauer angebaut als diese schon stand. Die Baufugen zwischen Turm und Mauer sind heute noch gut zu sehen. Auch er wurde als dreiseitiger Schalenturm errichtet. Die zur Stadt hin offene Seite sollte verhindern, dass sich ein Feind in dem Turm verschanzen konnte, wenn er die Mauer erobert hatte. Schalentürme mit einer zur Stadt hin offenen Seite bereiteten statische Probleme. Die fehlende Stabilität der vierten Mauerseite ersetzten die mittelalterlichen Baumeister durch ein System von Mauerankern aus dicken Eichenbalken. An den Mauerlöchern für die Balken kann man das System gut erkennen.Ursprünglich lief um den Oberteil des Turmes ein hölzerner Wehrgang. Als sich aber auch dieser Turm neigte, brach man den Wehrgang ab und baute lotrecht ein weiteres Geschoss mit einem Zinnenkranz auf. Der Turm kann heute bestiegen werden. Von oben ist der Verlauf der Stadtbefestigung gut zu erkennen:
21.09.2024: Der Name des Katzenturms steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Ernennung des Grafen von Katzenelnbogen zum Edelbürger der Stadt Oberwesel, der in der Nähe des Turmes einen Hof besass. Rheinseitig wurde die Stadtbefestigung der nördlichen Vorstadt durch zwei Rundtürme, den Katzenturm sowie den grösseren Ochsenturm, gesichert. Der Katzenturm wurde erst nachträglich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts auf die Stadtmauer gesetzt, sodass er rheinseitig vor die Flucht der Mauer hervortritt. Zur Stadt gewandt, wurde der Turm auf der Höhe des Wehrgangs auf den herausstehenden Kragsteinen angebracht, sodass die parallel zur Stadtmauer verlaufende Strasse freiblieb. Der Wehrgang führte mitten durch den Turm hindurch. Durch eine sich im Inneren befindende Treppe gelangten die Wächter auf eine Verteidigungsplattform, von der aus sie Ausschau hielten. Im Obergeschoss bildet der Rundturm ein Achteck aus, auf dem einst ein Spitzkegeldach angebracht war. Um den Turm vor Bombardenbeschuss (kurzkalibrige Kanonen mit kurzem Lauf) zu schützen, wurde im obersten Geschoss ein Gewölbe angebracht. In den 1860er Jahren verkaufte der Stadtrat von Oberwesel einige Türme. So wurde auch der Katzenturm 1862 für 26 Taler an den französischen Botschafter in Berlin (Graf de Reiset) verkauft. Darüber hinaus kaufte er den 21,60 Meter oberhalb sowie 10,80 Meter unterhalb des Turmes angrenzenden Bereich der Stadtmauer. Den Turm baute er sich um, sodass darin Wohnräumlichkeiten entstanden, die bis heute genutzt werden. An der Südseite des Turmes lässt sich zudem ein Anbau aus Backsteinen ausmachen, der eine Terrasse bildet. Dies setzt sich bis zum Durchbruch des Bahndamms fort. Zudem wurde 1945 ein Erker, der von volutenförmigen Konsolen getragen wird, mit gusseiserner Brüstung angebaut:
21.09.2024: Der Ochsenturm steht wie ein Ausrufezeichen am nördlichen Ende der Stadtmauer. Mit einer Höhe von mehr als 40 Metern und einem Durchmesser von fast 12 Metern war er einer der stärksten Stadttürme im Rheinland. Er zeigte wie kein anderer Turm die Macht und das Selbstbewusstsein der mittelalterlichen Stadt Oberwesel. Waren die meisten Türme nur nüchterne Zweckbauten für die Verteidigung, so zeichneten den Ochsenturm neben einigen hochmodernen wehrtechnischen Raffinessen besondere Schmuckformen aus. Der Zinnenkranz wird von einem zierlichen Spitzbogenfries getragen, im Mauerwerk steigt eine elegante Wendeltreppe hoch, die fünf Geschosse im Innern konnten geheizt werden und als besonderen Luxus gab es einen Abort. Für ihn wurde eigens ein Erker hoch über dem Stadtgraben gebaut. Der Ochsenturm trägt gleichsam wie eine Krone einen zierlichen achteckigen Aufsatz mit einem Zinnenkranz. Er diente früher den Wächtern als Lug-ins-Land. Rundtürme mit einem solchen Aufsatz werden Butterfasstürme genannt. Bis in die Gegenwart hinein wurde die Wachstube des Ochsenturmes für die Schifffahrt genutzt. Wahrschauer regelten von dort oben mit Flaggensignalen den Schiffsverkehr. Der Ochsenturm steht an einem Rheinknie, von dem aus man stromauf und stromab alle Schiffe sehen kann. Heute steht zu Füssen des Ochsenturmes eine moderne Wahrschauerstation, die elektronisch den Schiffsverkehr im Engtal des Rheines regelt:
21.09.2024: Ursprünglich wurden sieben Türme (vom Süden Richtung Nordwesten: Katzenturm, Ochsenturm, Beckbomerturm, Koblenzer Torturm, Felsenturm, Niederburger Torturm, Mühlenturm) zur Sicherung errichtet. Heute sind von den ursprünglich sieben Türmen lediglich noch fünf erhalten. Der Beckbomerturm sowie der Niederburger Torturm wurden im Laufe der Jahrhunderte zerstört oder sind zerfallen:
21.09.2024: 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg gesprengt, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von einem Bürger auf den Ruinen des Turmes ein Belvedere eingerichtet, welches heute den Besuchern einen guten Blick über Oberwesel bietet:
21.09.2024: Der Felsenturm befindet sich zwischen dem Koblenzer Torturm und dem ehemaligen Niederburger Torturm und wurde – wie der Name bereits verrät – auf einem etwa 5 Meter hohen Felssockel errichtet. Der Felsenturm sowie der Abschnitt der Stadtmauer wurden im Zuge der dritten Bauphase nach 1330 errichtet. Die Stadtmauer erreicht eine Höhe von über 16 Meter über der Grabensohle. Der Niederburger Torturm galt einst als der aus Verteidigungssicht wichtigste Turm der Stadt. Dies erkannten auch die Angreifer bzw. Besetzer der Stadt, sodass die Franzosen diesen Torturm im Pfälzer Erbfolgekrieg (1689) sprengten. Für den Bau des Turmfundaments des Felsenturms musste der anstehende Felsen zunächst abgearbeitet werden. Da dies ein umständliches Unterfangen war, ist der Grundriss des Felsenturms kleiner als der Grundriss der anderen Türme. Der Felsenturm besitzt die Maße 6 x 5 Meter. In der Höhe weist er drei Stockwerke auf. Diese reichen aufgrund der Erhöhung durch seine Lage auf einem Felssockel aus verteidigungstechnischer Sicht aus. Im zweiten Geschoss, auf 13 Metern Höhe, weist der Felsenturm rundbogige Ausgänge auf den Wehrgang der Stadtmauer sowie Schiesscharten zur Flanken- und Frontrichtung auf. Zudem muss erwähnt werden, dass der zur Stadt hin offene Schalenturm nicht ganz rechteckig ist. Er steht vielmehr schräg auf dem Sockel. Dies findet unter anderem auch in dem Richtungswechsel der Stadtmauer, die einen Knick nach Süden macht, Begründung. Von der architektonischen Gestaltung handelt sich bei dem Felsenturm um einen weiteren Schalenturm, der stadtseitig offen ist und lediglich über drei massive Mauern verfügt. Dennoch eignet sich der Felsenturm aufgrund der umfassenden Vermeidungstechniken besonders zum Schutz der Stadt. Er weist neben mehreren Schiesscharten einen unter dem Dach rundverlaufenden Wehrgang auf. Geschützt war dieser Wehrgang durch ein hohes Dach. Heute ist die Stadtmauer vom Felsenturm bis zum ehemaligen Niederburger Torturm begehbar. Allerdings musste der Bauverein dieses Teilstück der Stadtbefestigung vorher sanieren bzw. stabilisieren:
21.09.2024: Um 1250 wurde die Stadt nach Norden hin erweitert. Den Vorort Niederburg sicherte man durch eine mächtige Mauer mit sieben Türmen und drei Stadttoren. Zum Schutz der wichtigen Handelsstrasse die nach Koblenz und Köln führte, baute man den Koblenzer Torturm. Früher verlief diese Fernstrasse zwischen Oberwesel und St. Goar nicht durch das Rheintal, sondern über die Höhe. Der Koblenzer Torturm ist ebenfalls ein Schalenturm. Man setzte den 19 Meter hohen Turm aber nicht auf die Stadtmauer, sondern baute ihn vor die Mauer, denn aus den Fehlern beim Bau der Türme am Rhein hatte man gelernt. Die Tordurchfahrt konnte durch schwere Torflügel verschlossen werden. Die Angelsteine sind noch zu sehen. Bei Gefahr sicherte zusätzlich ein Fallgatter das Tor. Vor dem Tor lag ein tiefer Stadtgraben, über den eine Holzbrücke führte. Die vier Geschosse des Turmes waren durch Leitertreppen miteinander verbunden. Der Turm war immer bewacht. Das oberste Geschoss hatte nach allen Seiten hin Fensteröffnungen. Durch die konnte jede Bewegung auf der Straße, aber auch jeder Brand in der Stadt früh erkannt werden. Alte Stadtansichten zeigen den Turm mit einem Spitzdach: