27.11.2021: Die Salinenanlage in Bad Nauheim war einst die modernste Salzfabrik in Europa und ist heute eine der ältesten in Deutschland. Die fünf noch erhaltenen von insgesamt 23 Gradierbauten in Bad Nauheim sind Bestandteile der dortigen Saline. Dabei handelt es sich um imposante Bauwerke bzw. Holzbalkenkonstruktionen, die mit Reisig aus Schwarzdorn und Fichtenholz verfüllt sind. Mittels Pumpen wird die Sole durch eine Ringleitung und schliesslich über das Reisig geleitet. Durch die feine Verästelung des Schwarzdorns wird das Wasser optimal verdunstet, der Salzgehalt in der Luft wird erhöht. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch Sonneneinstrahlung und trockenen Wind. In der Nähe des Gradierwerkes kann man die salzhaltige Luft inhalieren. Diese befeuchtet die Atemwege und hat eine gesundheitsfördernde Wirkung auf den gesamten Organismus. Heute sind die Gradierwerke Wahrzeichen der Kurstadt Bad Nauheim. Hier werden verschiedene Kuranwendungen angeboten. Ein Gesundheitsgarten am Gradierwerk II, u. a. mit einem Barfusspfad, einem Kräutergarten und interaktiven Stationen, spricht sämtliche Sinne an. Über die Geschichte der Bad Nauheimer Salzgewinnung informiert der archäologische Keltenpavillion, der sich am Gradierwerk II befindet. Die Salinen spielten bereits zu Zeiten der Kelten eine sehr wichtige Rolle. Zwischen dem 5. und 1. Jahrhundert v. Chr. wurden hier die sogenannten keltischen Salinen zum Zwecke der Salzgewinnung entwickelt. Dabei handelte es sich um eine der grössten späteisenzeitlichen Siedlungen. Um 700 n. Chr. wurde die Salzgewinnung durch fränkische Siedler wieder neu aufgenommen, es entstand ein mittelalterliches Söderdorf. Im 15. Jahrhundert verfügte das Örtchen Nauheim über 13 Soden. Im 16. Jahrhundert wurde der Bau eines Gradierwerkes angeordnet, die Salzgewinnung wurde modernisiert. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Schwarzdorngradierung eingeführt und ersetzte die bis dahin üblichen Strohgeflechte. Es wurden zwei Siedehäuser und drei Gradierwerke errichtet. Nauheim verfügte als eine der ersten mitteleuropäischen Gemeinden über diese Gradiermethode, wodurch die Salzproduktion mit 8500 Zentnern pro Jahr deutlich anstieg. Im 18. Jahrhundert wurde die Bad Nauheimer Saline zu einer der grössten Salinen in Deutschland ausgebaut. Die Wasserkraftanlagen wurden verbessert und es wurden zwei Windmühlen gebaut, deren zwei Türme heute noch erhalten sind.
Gradierwerk V + IV (Lange Wand) mit Windmühlenturm auf der Hub:
Gradierwerk III:
Wasserrad am Ludwigsbrunnen neben dem Gradierwerk III – Neben Windkraft nutzte die Saline unter Waitz von Eschen auch Wasserkraft zur Gradierung der Sole. Von ehemals acht Wasserrädern, die übers gesamte Stadtgebiet verteilt waren, sind heute noch zwei erhalten. Das Wasserrad an der Schwalheimer Straße wurde seinerzeit über ein weiträumiges System von Kunstgräben aus verschiedenen Staubecken gespeist. Die Wasserkraft setzte zwei Exzenter in Bewegung, die wiederum Pumpen aktivierten, von
denen das Salzwasser auf den benachbarten Gradierbau befördert wurde. Heute wird das Rad zu Schauzwecken vom Wasser des Flüsschens Usa angetrieben. Der angrenzende Ludwigsbrunnen war ein wichtiger Bestandteil der Trinkkur in Bad Nauheim. Noch heute versorgt er Durstige mit mineralhaltigem Heilwasser:
Gradierwerk II:
Gradierwerk I:
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